Die größten Mythen über Fette in der Low-Carb-Ernährung – was wirklich stimmt
Fette in der Low-Carb-Ernährung sind oft missverstanden. Erfahre, welche Mythen über Fett wirklich falsch sind, welche Fette gesund sind und wie du sie optimal einsetzt.

Fette gelten seit Jahrzehnten als der „böse“ Makronährstoff: Sie machen angeblich dick, verstopfen die Arterien und sollen möglichst gemieden werden. Doch insbesondere im Kontext einer Low-Carb- oder ketogenen Ernährung zeigt sich, dass viele dieser Aussagen überholt oder schlicht falsch sind. Wer Kohlenhydrate reduziert, kommt um eine höhere Fettzufuhr gar nicht herum – daher ist es entscheidend, Mythen von Fakten zu trennen.
Dieser Artikel räumt mit den gängigsten Mythen über Fette in der Low-Carb-Ernährung auf, zeigt, welche Fette sinnvoll sind, und erklärt, wie du sie gezielt für Gesundheit, Sättigung und Leistungsfähigkeit einsetzen kannst.
Warum Fette in der Low-Carb-Ernährung so wichtig sind
In einer klassischen westlichen Ernährung stammen oft 45–60 % der Energie aus Kohlenhydraten. Reduzierst du diese deutlich – wie bei Low Carb oder Keto – muss die frei werdende Energie irgendwoher kommen. Genau hier kommen Fette ins Spiel: Sie sind nicht nur Energiequelle, sondern auch Baustoff für Zellen und Hormone sowie Träger für fettlösliche Vitamine.
- Energie: Fette liefern etwa doppelt so viel Energie pro Gramm wie Kohlenhydrate.
- Hormonhaushalt: Aus Cholesterin bildet der Körper unter anderem Steroidhormone wie Testosteron, Östrogen und Cortisol.
- Vitaminaufnahme: Die Vitamine A, D, E und K benötigen Fett, um vom Körper richtig aufgenommen zu werden.
- Sättigung: Fette verlangsamen die Magenentleerung und sorgen für lang anhaltende Sättigung – ein wichtiger Vorteil beim Abnehmen.
Wer Fette in einer Low-Carb-Ernährung pauschal reduziert, fühlt sich meist müde, hungrig und antriebslos – und gibt oft vorschnell die ganze Ernährungsform auf.
Mythos 1: „Fett macht automatisch fett“
Der vermutlich hartnäckigste Mythos lautet: „Was man isst, wird man“ – also Fett gegessen, Fett auf den Hüften. So einfach funktioniert der Körper jedoch nicht. Gewichtszunahme entsteht in erster Linie durch einen kalorischen Überschuss, nicht durch einen einzelnen Makronährstoff.
Fette haben zwar eine hohe Energiedichte, führen aber gleichzeitig zu einem stärkeren Sättigungsgefühl als viele kohlenhydratreiche Lebensmittel. In einer gut geplanten Low-Carb-Ernährung kann eine höhere Fettzufuhr sogar helfen, weniger Kalorien aufzunehmen, weil Zwischenmahlzeiten und Heißhungerattacken deutlich seltener werden.
- Insulin und Fettspeicherung: Hohe Insulinspiegel fördern die Einlagerung von Fett. In einer Low-Carb-Ernährung sind die Insulinspitzen geringer, was die Fettspeicherung reduzieren kann.
- Fett als Brennstoff: Wer sich fettreich und kohlenhydratarm ernährt, trainiert den Körper darauf, Fett als primäre Energiequelle zu nutzen.
- Kalorienbilanz bleibt entscheidend: Auch bei Low Carb gilt: Dauerhafter Überschuss = Gewichtszunahme, Defizit = Gewichtsabnahme.
Fazit: Nicht das Fett an sich macht fett, sondern der Kontext insgesamt – Kalorienbilanz, Insulinhaushalt und Lebensstil.
Mythos 2: „Alle Fette sind ungesund“
Ein weiterer verbreiteter Mythos lautet, man solle Fette möglichst vermeiden oder zumindest stark einschränken. Dabei wird häufig nicht zwischen verschiedenen Fettarten unterschieden. Für deine Gesundheit und deinen Erfolg mit Low Carb ist diese Unterscheidung jedoch entscheidend.
Gesättigte, einfach und mehrfach ungesättigte Fette
- Gesättigte Fette: Kommen vor allem in tierischen Produkten wie Butter, Käse, fettem Fleisch, aber auch in Kokosöl vor. In moderaten Mengen können sie in eine gesunde Low-Carb-Ernährung integriert werden.
- Einfach ungesättigte Fette: Stecken in Olivenöl, Avocados, Nüssen und einigen Samen. Sie gelten als besonders herzfreundlich.
- Mehrfach ungesättigte Fette: Dazu gehören Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Omega-3 (z. B. aus fettem Fisch oder Leinöl) ist entzündungshemmend, während ein Übermaß an Omega-6 bei gleichzeitigem Omega-3-Mangel entzündungsfördernd wirken kann.
Statt „Fett = ungesund“ lautet die korrekte Aussage: Die Qualität und das Verhältnis der Fette sind entscheidend.
Mythos 3: „Cholesterin aus Lebensmitteln verstopft die Arterien“
Viele Menschen glauben, dass Cholesterin aus Eiern, Butter oder Käse automatisch den Cholesterinspiegel im Blut gefährlich erhöht. Die Realität ist komplexer. Der Körper produziert den Großteil des Cholesterins selbst und reguliert diese Produktion je nach Ernährung.
- Isst du mehr Cholesterin, produziert der Körper in der Regel weniger.
- Isst du weniger Cholesterin, kann die Eigenproduktion ansteigen.
Wichtiger als die absolute Menge an Cholesterin ist die Partikelgröße und -dichte der Blutfette (LDL, HDL). Zahlreiche Studien zeigen, dass Low-Carb-Ernährung häufig zu einem Anstieg des „guten“ HDL-Cholesterins und zu einer Verbesserung des Triglyceridspiegels führt. Auch das LDL-Profil kann sich vorteilhaft verändern.
Eier oder Butter pauschal zu verteufeln, ist daher nicht zeitgemäß. Viel entscheidender ist das Gesamternährungsmuster: viel unverarbeitete Lebensmittel, ausreichend Omega-3, wenig Zucker und wenig stark verarbeitete Fette.
Mythos 4: „Gesättigte Fette sind grundsätzlich gefährlich“
Lange Zeit wurden gesättigte Fette als Hauptverursacher von Herz-Kreislauf-Erkrankungen betrachtet. Inzwischen ist das Bild differenzierter. Aktuelle Forschungsübersichten deuten darauf hin, dass der Zusammenhang deutlich schwächer ist als ursprünglich angenommen – und stark von Gesamternährung und Lebensstil abhängt.
Wichtige Punkte im Überblick:
- Kontext zählt: Gesättigte Fette in einer Ernährung, die reich an Zucker, Weißmehl, Transfetten und Rauchen ist, wirken anders als in einer Low-Carb-Ernährung mit viel Gemüse, Omega-3-Fetten und wenig industriell verarbeiteten Produkten.
- Nicht alle Quellen sind gleich: Gesättigte Fette aus stark verarbeiteten Wurstwaren unterscheiden sich von denen aus naturbelassenem Fleisch, Butter oder Kokosöl.
- Individuelle Unterschiede: Genetik, Darmflora, Aktivitätslevel und vorhandene Erkrankungen beeinflussen, wie der Körper mit gesättigten Fetten umgeht.
In einer ausgewogenen Low-Carb-Ernährung ist ein moderater Anteil gesättigter Fette in der Regel unproblematisch, sofern sie mit einfach und mehrfach ungesättigten Fetten kombiniert werden.
Mythos 5: „Low Carb = Unbegrenzte Fettzufuhr“
Das Gegenstück zu „Fett ist böse“ ist der Irrglaube, bei Low Carb dürfe man beliebig viel Fett essen, ohne zuzunehmen. Dieser Mythos ist genauso falsch wie der erste.
Auch wenn Low Carb den Stoffwechsel günstig beeinflussen kann, gelten die grundlegenden Regeln der Energiebilanz weiterhin. Zu viel Energie – egal ob aus Fett, Eiweiß oder Kohlenhydraten – kann langfristig zu Gewichtszunahme führen.
- Low Carb ist kein Freifahrtschein: Literweise Sahne und riesige Mengen Käse oder Nüsse können das Kalorienkonto schnell sprengen.
- Bewusster Umgang: Fette sollten gezielt eingesetzt werden, um Sättigung, Geschmack und Nährstoffaufnahme zu optimieren – nicht als Ausrede für grenzenloses Schlemmen.
- Nach Hunger essen: In vielen Fällen reicht es, sich beim Essen an natürlichen Sättigungssignalen zu orientieren, anstatt blind „mehr Fett“ hinzuzufügen.
Die beste Strategie: Ausreichend, aber nicht übertrieben viel Fett, kombiniert mit hochwertigem Eiweiß und reichlich Gemüse.
Mythos 6: „Pflanzenöle sind immer besser als tierische Fette“
Viele Ratgeber empfehlen, tierische Fette zu meiden und stattdessen große Mengen Pflanzenöle zu verwenden. Diese Empfehlung stammt oft aus älteren Ernährungskonzepten und berücksichtigt nicht, wie unterschiedlich Pflanzenöle zusammengesetzt sind.
Problematische Pflanzenöle
Einige raffinierte Pflanzenöle enthalten sehr hohe Anteile an Omega-6-Fettsäuren und werden stark verarbeitet. Dazu gehören zum Beispiel:
- Sonnenblumenöl (raffiniert)
- Maiskeimöl
- Sojaöl
- Distelöl
In übermäßigen Mengen – insbesondere bei gleichzeitig sehr geringer Omega-3-Zufuhr – können sie entzündungsfördernde Prozesse im Körper begünstigen.
Qualitativ hochwertige Fettquellen
Sowohl pflanzliche als auch tierische Fette können in einer Low-Carb-Ernährung Platz haben, wenn sie möglichst naturbelassen und hochwertig sind:
- Gute pflanzliche Fette: Natives Olivenöl extra, Avocadoöl, Kokosöl, Nüsse, Samen, Avocado.
- Gute tierische Fette: Butter oder Ghee aus Weidemilch, Schmalz und Talg aus guter Tierhaltung, fetter Fisch (Lachs, Makrele, Hering).
Entscheidend ist nicht die Herkunft, sondern die Qualität. Stark raffinierte, hochverarbeitete Öle solltest du – unabhängig von der Ernährungsform – eher meiden.
Mythos 7: „Ohne Fett ist Low Carb gesünder“
Manche Menschen versuchen, Kohlenhydrate zu reduzieren und gleichzeitig Fett stark zu begrenzen – in der Hoffnung auf den „doppelten Effekt“. In der Praxis führt das häufig zu Energielosigkeit, Stimmungsschwankungen und Heißhunger.
Eine Low-Carb-Ernährung braucht eine ausreichende Menge an Fett, um langfristig tragfähig zu sein:
- Energieversorgung: Ohne Kohlenhydrate und ohne Fett fehlen dem Körper schnell verfügbare Energieträger.
- Hormonbalance: Zu wenig Fett kann sich negativ auf Sexualhormone, Schilddrüse und Stresshormone auswirken.
- Vitamine: Fett ist nötig, um fettlösliche Vitamine richtig aufzunehmen.
Statt „Low Carb und Low Fat“ ist eine Kombination aus Low Carb, ausreichend Fett und genug Eiweiß langfristig deutlich gesünder und alltagstauglicher.
Welche Fette passen besonders gut zur Low-Carb-Ernährung?
Um von den Vorteilen einer Low-Carb-Ernährung maximal zu profitieren, lohnt sich ein Blick darauf, welche Fette besonders gut geeignet sind. Die folgende Übersicht dient als praktische Orientierung.
- Fürs Kochen und Braten bei höheren Temperaturen:
- Butterschmalz (Ghee)
- Kokosöl
- Rindertalg oder Schmalz (aus guter Tierhaltung)
- Für Salate, Dips und kalte Speisen:
- Natives Olivenöl extra
- Avocadoöl
- Walnussöl (nicht erhitzen)
- Natürliche Fettquellen im Lebensmittel:
- Avocados
- Nüsse und Samen (in Maßen, da kaloriendicht)
- Fetter Fisch (z. B. Lachs, Makrele, Hering)
- Fleisch und Eier aus artgerechter Haltung
Die Mischung macht’s: Eine Kombination aus gesättigten, einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren liefert Stabilität beim Kochen, wertvolle Omega-3-Fette und zahlreiche Mikronährstoffe.
Praktische Tipps für den Alltag
Theorie ist gut – Umsetzung ist besser. Die folgenden praktischen Tipps helfen dir, Mythen hinter dir zu lassen und im Alltag sinnvoll mit Fetten in der Low-Carb-Ernährung umzugehen.
- 1. Verarbeite so wenig wie möglich: Bevorzuge natürliche Fettquellen gegenüber stark verarbeiteten Produkten.
- 2. Reduziere Zucker und Weißmehl: Das Zusammenspiel von viel Zucker, Weißmehl und schlechten Fetten ist problematisch – nicht Fett allein.
- 3. Achte auf dein Omega-3/Omega-6-Verhältnis: Iss regelmäßig fetten Fisch oder nutze hochwertige Omega-3-Quellen und vermeide übermäßige Mengen raffinierter Pflanzenöle.
- 4. Höre auf dein Sättigungsgefühl: Nutze Fett, um dich länger satt zu fühlen, aber iss nicht „auf Vorrat“.
- 5. Beobachte deine Blutwerte: Lasse in regelmäßigen Abständen Blutfettwerte, Blutzucker und andere relevante Marker prüfen, um die Ernährung individuell anzupassen.
Wann ist Vorsicht bei Fetten geboten?
Auch wenn Fette in der Low-Carb-Ernährung eine zentrale Rolle spielen, gibt es Situationen, in denen besondere Vorsicht geboten ist:
- Vorerkrankungen: Bei bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettstoffwechselstörungen oder Leberproblemen sollte eine Ernährungsumstellung immer mit medizinischem Fachpersonal abgestimmt werden.
- Radikale Umstellungen: Ein plötzlicher, extrem hoher Fettkonsum kann den Verdauungstrakt überfordern. Eine langsame Steigerung ist meist sinnvoller.
- Industriell verarbeitete Produkte: Fertigprodukte mit vielen Zusatzstoffen, Transfetten und minderwertigen Ölen sollten auch bei Low Carb die Ausnahme sein.
Low Carb mit viel hochwertigem Fett ist kein Freifahrtschein für grenzenlosen Konsum, sondern ein Werkzeug, das bewusst und individuell eingesetzt werden sollte.
Fazit: Fette sind Verbündete – nicht Feinde
Die Mythen rund um Fette sitzen tief – besonders nach Jahrzehnten fettarmer Ernährungsempfehlungen. Im Kontext einer durchdachten Low-Carb-Ernährung zeigt sich jedoch, dass Fette nicht der Feind sind, sondern eine zentrale Rolle für Sättigung, Energieversorgung, Hormonbalance und Gesundheit spielen.
Wer Kohlenhydrate reduziert, muss Fette nicht fürchten, sondern verstehen. Entscheidend sind:
- Die Gesamtmenge der Kalorien.
- Die Qualität der Fettquellen.
- Das Verhältnis von verschiedenen Fettsäuren.
- Die individuellen Bedürfnisse und gesundheitlichen Voraussetzungen.
Richtig eingesetzt, sind Fette in der Low-Carb-Ernährung mächtige Verbündete – für mehr Energie im Alltag, bessere Sättigung und ein gesundes Körpergewicht. Statt alten Mythen zu glauben, lohnt es sich, den eigenen Körper zu beobachten, bewusste Entscheidungen zu treffen und Schritt für Schritt eine Ernährungsweise zu finden, die nicht nur auf dem Papier, sondern auch im Alltag funktioniert.


