Pres-Stärke im Rudersport: Warum ein starker Core über Sieg und Niederlage entscheidet
Pres-Stärke im Rudersport: Erfahre, warum ein starker Core für Technik, Geschwindigkeit und Gesundheit entscheidend ist und wie du ihn gezielt trainierst.

Eine starke Rumpf- und insbesondere Pres-Muskulatur ist im Rudersport weit mehr als ein optischer Bonus – sie ist die unsichtbare Achse, über die Kraft vom Stemmbrett effizient an das Blatt übertragen wird. Ohne stabile Körpermitte geht wertvolle Energie verloren, die sich direkt in geringerer Bootsgeschwindigkeit, höherem Verletzungsrisiko und schnellerer Ermüdung bemerkbar macht. Für Wettkampfruderer ebenso wie für ambitionierte Breitensportler gehört gezieltes Core-Training daher fest in jeden Trainingsplan.
Was mit Pres-Stärke im Rudern gemeint ist
Mit Pres-Stärke ist im Rudersport in der Regel die Kraft und Stabilität der gesamten Rumpfmuskulatur gemeint – also Bauchmuskeln, seitliche Rumpfmuskeln, tiefe Haltemuskulatur und Rückenstrecker. Diese Muskulatur sorgt dafür, dass der Oberkörper während des Ruderschlags wie ein stabiler, aber beweglicher Verbindungskörper zwischen Beinpressen und Zug an Griff oder Skulls fungiert. Je stabiler diese Einheit, desto weniger "bricht" der Körper ein und desto direkter wird die am Stemmbrett erzeugte Kraft auf das Wasser übertragen.
Wichtig ist, Pres-Stärke nicht nur als reine Bauchmuskelkraft zu verstehen. Entscheidend ist die Fähigkeit, den Rumpf unter hoher Belastung und über viele Schlagzyklen hinweg stabil zu halten. Das bedeutet: Kraftausdauer, neuromuskuläre Kontrolle und Koordination spielen eine genauso große Rolle wie maximale Kraft.
Biomechanische Rolle des Rumpfes im Ruderschlag
Der Ruderschlag lässt sich grob in Auslage, Durchzug und Endzug/Einfahrt unterteilen. In der Auslage sitzt der Ruderer mit gebeugten Knien, vorgeneigtem Oberkörper und nahezu gestreckten Armen am vorderen Umkehrpunkt. In diesem Moment muss die Pres-Muskulatur den Oberkörper stabilisieren, damit beim anschließenden Beinstoß kein Rundrücken entsteht und der Hüftwinkel kontrolliert öffnen kann.
Im Durchzug erfolgt die Hauptarbeit: Die Beine drücken das Boot nach hinten, der Oberkörper richtet sich aus der Hüfte auf und der Armzug schließt die Bewegung ab. Hier dient der Rumpf als kraftleitende Brücke zwischen Unterkörper und Oberkörper. Ein stabiler Core verhindert, dass der Oberkörper „nachgibt“, sich unkontrolliert rundet oder übermäßig ins Hohlkreuz fällt. Dadurch bleibt der Kraftfluss gleichmäßig, die Beschleunigung des Bootes wird harmonischer und Fehler wie Nachstrecken der Knie oder zu frühes Oberkörpereinsetzen werden reduziert.
Warum Pres-Stärke die Bootsgeschwindigkeit beeinflusst
In Wettkampfrennen über 2000 Meter müssen Ruderer über mehrere Minuten hinweg eine sehr hohe Leistung erbringen. Die Beine liefern dabei einen Großteil der mechanischen Arbeit, doch ohne starken Rumpf kommt diese Leistung nicht vollständig am Blatt an. Jede Instabilität – etwa ein Einsacken im unteren Rücken oder ein unkontrolliertes Zurückfallen des Oberkörpers – bricht die Beschleunigung ab, erzeugt unnötige Ausgleichsbewegungen und verschlechtert das Wassergefühl.
Zusätzlich sorgt ein kraftvoller Core dafür, dass die Schlaglänge effizient genutzt werden kann. Wer seinen Oberkörper in Auslage und Endzug kontrolliert führt, erreicht einen besseren Ruderwinkel, kann das Blatt länger im Wasser halten und den Druck über die gesamte Phase konstant hoch halten. Gerade auf den letzten 500 Metern eines Rennens, wenn Müdigkeit einsetzt, macht eine gut trainierte Pres-Muskulatur den Unterschied, ob Tempo und Technik stabil bleiben oder ob der Schlag unruhig und kurz wird.
Verletzungsprophylaxe und Belastung der Wirbelsäule
Rudern gilt als gelenkschonende Sportart, gleichzeitig sind Rückenbeschwerden – insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule – unter Ruderern weit verbreitet. Häufig sind nicht das Rudern an sich oder das Material das Problem, sondern eine ungelernte oder unzureichend stabilisierte Rumpfhaltung unter hoher Last. Eine schwache Pres-Muskulatur führt dazu, dass die Wirbelsäule bei jedem Schlag leicht in eine ungünstige Position gerät und wieder herausarbeiten muss.
Ein gezieltes Core-Training verbessert die Fähigkeit, die Wirbelsäule in einer neutralen, leicht gestützten Position zu halten, während große Kräfte wirken. Das reduziert Mikrotraumata an Bandscheiben und Bändern und senkt das Risiko von Überlastungssyndromen. Besonders in Phasen mit hoher Trainingsumfänge, intensiven Ergometereinheiten oder ungewohnt vielen Starts bringt eine starke Körpermitte ein deutliches Plus an Belastungsverträglichkeit.
Pres-Stärke im Kontext der allgemeinen Athletik
Rudern beansprucht nahezu alle großen Muskelgruppen und fordert die Kondition in hohem Maße. Die Pres-Muskulatur steht dabei im Zentrum zwischen Beinen, Hüfte und Schultergürtel. Eine gut entwickelte Core-Stabilität erleichtert nicht nur den Ruderschlag selbst, sondern verbessert auch das Krafttraining an Land: Kniebeugen, Kreuzheben, Ausfallschritte und Oberkörperübungen können sauberer und sicherer ausgeführt werden.
Dadurch steigen sowohl Leistungsfähigkeit als auch Trainingsqualität. Wer zum Beispiel bei schweren Kniebeugen oder beim Heben von Gewichten den Rumpf nicht stabil halten kann, riskiert Fehlbelastungen und verschenkt Trainingsreize. Ein solider Core ist somit die Basis, auf der alle anderen Kraftformen – Maximalkraft, Schnellkraft oder Kraftausdauer – im Rudersport aufgebaut werden.
Typische Schwächen und Technikfehler bei mangelnder Pres-Stärke
Mangelnde Pres-Stärke zeigt sich oft in wiederkehrenden Technikfehlern, die auch erfahrene Trainer auf Videos oder am Ufer leicht erkennen. Dazu gehören unter anderem ein Einrunden des unteren Rückens in der Auslage, ein zu frühes oder abruptes Zurücklehnen im Durchzug sowie ein „Zusammenfallen“ im Endzug, wenn die Arme den Schlag beenden. Diese Fehler verringern nicht nur die Effizienz, sondern stören auch den Rhythmus des gesamten Bootes.
Im Mannschaftsboot verstärken sich diese Effekte zusätzlich: Wenn ein Athlet im Rumpf instabil ist und zum Beispiel beim Druckaufbau „wegknickt“, zwingt er seine Mitruderer zu kleinen Korrekturen in Timing und Sitzbewegung. Das kostet Geschwindigkeit und führt zu einem unruhigen Lauf des Bootes. Wer an seiner Pres-Stärke arbeitet, leistet deshalb zugleich einen Beitrag zur Synchronität und Harmonie der gesamten Crew.
Grundprinzipien eines effektiven Core-Trainings für Ruderer
Um die Pres-Stärke spezifisch für den Rudersport zu verbessern, sollte das Training einige Grundprinzipien erfüllen. Erstens ist Ganzkörperstabilität wichtiger als isolierte Bauchübungen: Planks, Anti-Rotations- und Anti-Extensions-Übungen bilden eine sinnvolle Basis. Zweitens sollte die Core-Belastung schrittweise gesteigert werden – über Dauer, Hebel, Zusatzgewicht oder instabile Unterlagen – ohne die saubere Technik zu gefährden.
Drittens ist die Anbindung an ruderspezifische Bewegungsmuster entscheidend. Übungen, bei denen Hüftbeugung und -streckung mit stabilem Rumpf trainiert werden, bilden die Brücke zum Ruderschlag. Dazu gehören Varianten von Hip Hinge-Bewegungen, dynamische Planks mit Bein- oder Armbewegung und Rotationsübungen, die die Fähigkeit verbessern, Kraft aus den Beinen über den Oberkörper in den Griff zu übertragen, ohne dass der Rumpf aus der Mitte gezogen wird.
Konkrete Übungsbeispiele zur Steigerung der Pres-Stärke
Im folgenden Abschnitt werden exemplarisch einige Übungen vorgestellt, die sich besonders gut für Ruderer eignen. Sie können sowohl im Athletiktraining an Land als auch ergänzend nach Rudereinheiten eingesetzt werden. Wichtig ist, dass jede Übung technisch sauber ausgeführt und an das Leistungsniveau des Athleten angepasst wird.
- Unterarmstütz (Plank): Der Klassiker zur Verbesserung der globalen Rumpfspannung. Ziel ist es, den Körper von Kopf bis Fuß in einer Linie zu halten, ohne in den unteren Rücken zu fallen oder das Becken anzuheben. Variationen mit Beinheben oder auf instabilen Unterlagen erhöhen den Anspruch.
- Seitstütz: Stärkt die seitliche Rumpfmuskulatur und verbessert die laterale Stabilität. Für Ruderer wichtig, um asymmetrische Belastungen auszugleichen und eine stabile Position auf der Sitzbahn zu sichern.
- Dead Bug-Varianten: Trainieren die tiefe Rumpfmuskulatur in Kombination mit kontrollierten Arm- und Beinbewegungen. Sie schulen die Fähigkeit, den Rumpf ruhig zu halten, während die Extremitäten arbeiten – ein zentrales Muster im Ruderschlag.
- Hip Hinge-Übungen (z. B. Good Mornings): Verbessern das Zusammenspiel von Hüftstreckung und Rumpfstabilität. Besonders relevant für den Übergang von Auslage zu Durchzug, wenn der Oberkörper aus der Hüfte geführt wird.
- Rotations- und Anti-Rotationsübungen: Etwa Pallof Press oder stehende Kabelzugübungen, die das Widerstehen oder kontrollierte Ausführen von Rotationskräften trainieren. Sie helfen, die Stabilität um die Längsachse zu verbessern, was vor allem in welligen Bedingungen oder bei leichten Asymmetrien im Boot nützlich ist.
Integration des Core-Trainings in den Ruderkalender
Die beste Übungsauswahl bringt wenig, wenn sie nicht sinnvoll in den Trainingsalltag eingebunden wird. Für Ruderer bietet es sich an, die Pres-Stärke zwei- bis viermal pro Woche gezielt zu trainieren, abhängig von Trainingsumfang, Saisonphase und individuellem Leistungsniveau. In der Vorbereitungsperiode kann der Schwerpunkt stärker auf Kraftaufbau und komplexen Übungen mit Zusatzlast liegen.
In der Wettkampfphase rücken Erhalt der Kraft, Schnellkraft und ökonomische Steuerung der Trainingsbelastung in den Vordergrund. Kürzere Core-Sessions mit geringerer Ermüdung, dafür höherer Qualität und spezifischem Bezug zum Rudern, sind dann besonders sinnvoll. Kleine, regelmäßige Einheiten von 10–20 Minuten, etwa im Anschluss an Technik- oder Krafttrainings, sind oft nachhaltiger als seltene, sehr lange Core-Einheiten.
Pres-Stärke im Jugend- und Anfängertraining
Gerade bei Nachwuchsruderern ist der Aufbau einer soliden Rumpfstabilität entscheidend, bevor hohe Trainingsumfänge oder intensive Ergometereinheiten eingeführt werden. Ein gut strukturiertes Athletikprogramm mit dem Schwerpunkt auf Technik, Beweglichkeit und stabilisierender Kraft legt die Basis für eine gesunde motorische Entwicklung und schützt vor frühen Überlastungen.
Für Anfängerinnen und Anfänger im Erwachsenenbereich gilt Ähnliches: Bevor mit hohen Schlagzahlen, langen Intervallen oder hartem Wettkampftraining begonnen wird, sollte der Rumpf so weit stabilisiert sein, dass grundlegende Rudertechnik reproduzierbar und schmerzfrei ausgeführt werden kann. Einfache, spielerisch vermittelte Core-Übungen steigern gleichzeitig das Körpergefühl und erleichtern das Erlernen der richtigen Rudertechnik.
Pres-Stärke und mentale Komponente
Im Rudersport sind körperliche und mentale Stärke eng miteinander verknüpft. Wer spürt, dass der eigene Körper im Schlag stabil bleibt und die Belastung gut kontrolliert werden kann, gewinnt Selbstvertrauen in Technik und Leistungsfähigkeit. Eine starke Pres-Muskulatur unterstützt somit indirekt auch die mentale Robustheit in entscheidenden Rennphasen.
Umgekehrt erfordert intensives Core-Training Durchhaltevermögen, Konzentration und die Bereitschaft, saubere Technik über viele Wiederholungen zu halten. Diese Eigenschaften lassen sich gut in den Gesamttrainingsprozess integrieren und fördern die Fähigkeit, auch in den letzten Schlägen eines Rennens noch sauber zu rudern, wenn die Muskulatur brennt und die Atemfrequenz hoch ist.
Praktische Tipps für Trainer und Athleten
In der Praxis hat es sich bewährt, Core-Training so zu planen, dass es weder die Qualität harter Rudereinheiten mindert noch selbst zu oberflächlich ausgeführt wird. Trainer können Pres-Übungen in das Aufwärmprogramm integrieren, um die Rumpfmuskulatur zu aktivieren, oder im Anschluss an Technik-Einheiten kurze Stabilitätszirkel einbauen. Wichtig ist, Athleten regelmäßig an die Bedeutung guter Rumpfspannung zu erinnern – sowohl an Land als auch im Boot.
Athleten profitieren davon, die eigene Pres-Stärke regelmäßig zu reflektieren: Fällt es schwer, in langen Rennen die Körperhaltung zu halten? Treten wiederholt Rückenschmerzen auf? Oder geht mit steigender Schlagzahl die Bewegungskontrolle verloren? Solche Hinweise sind ein klares Signal, Core-Training höher zu priorisieren. Wer konsequent an seiner Pres-Stärke arbeitet, schafft die Grundlage für höhere Trainingsbelastungen, bessere Technik und nachhaltige Leistungssteigerung im Rudersport.


