Atemtechnik beim Core-Training optimieren: So entfesselst du deine Rumpfkraft
Optimiere dein Core-Training mit der richtigen Atemtechnik: Erfahre, wie Zwerchfell-Atmung, intraabdominaler Druck und koordinierte Atemmuster deine Rumpfkraft, Stabilität und Rückengesundheit nachhaltig verbessern.

Beim Core-Training denken viele zuerst an Planks, Crunches und Russian Twists. Doch ein entscheidender Erfolgsfaktor wird oft übersehen: die richtige Atemtechnik. Wie du atmest, beeinflusst Stabilität, Kraftentfaltung, Haltung, Verletzungsrisiko und sogar deine Trainingsergebnisse. Atemtechnik ist damit kein „Nice-to-have“, sondern das Fundament eines effektiven und sicheren Rumpftrainings.
In diesem Artikel erfährst du, warum Atmung beim Core-Training so wichtig ist, wie dein Rumpf mit dem Atemsystem zusammenarbeitet und welche konkreten Techniken du sofort im Training anwenden kannst. Außerdem lernst du typische Fehler kennen und bekommst praxisnahe Tipps, wie du deine Atemmuster nachhaltig optimierst.
Warum die Atmung beim Core-Training so wichtig ist
Dein Core ist weit mehr als nur die sichtbaren Bauchmuskeln. Er umfasst alle Muskeln rund um deine Körpermitte: Bauch, unterer Rücken, Beckenboden, Zwerchfell und tief liegende Stabilisationsmuskeln. Genau hier beginnt die enge Verbindung von Atmung und Rumpfstabilität.
- Mehr Stabilität: Eine gut koordinierte Atmung aktiviert das Zwerchfell und den Beckenboden. Zusammen mit den tiefen Bauchmuskeln bilden sie eine Art „inneres Korsett“, das deine Wirbelsäule stabilisiert.
- Mehr Kraft: Über den intraabdominalen Druck (Druck im Bauchraum) kannst du bei richtiger Atemtechnik mehr Spannung aufbauen und so mehr Kraft übertragen – selbst bei Bodyweight-Übungen.
- Weniger Verletzungen: Eine stabile Mitte schützt Bandscheiben, Gelenke und Sehnen. Falsche Atmung führt hingegen oft zu Hohlkreuz, Rundrücken oder Ausweichbewegungen.
- Bessere Haltung: Atmung beeinflusst deine Körperhaltung. Flache Brust- oder Stressatmung fördern Verspannungen im Nacken und oberen Rücken und schwächen die Rumpfkontrolle.
- Höhere Ausdauer: Wer effizient atmet, kann längere Sätze (z. B. Planks) halten und Ermüdung besser steuern.
Kurz gesagt: Ohne funktionierende Atemtechnik lässt du beim Core-Training viel Potenzial liegen – egal ob du ästhetische Ziele, Leistungssteigerung oder Rückengesundheit anstrebst.
So arbeitet dein Core mit dem Atemsystem zusammen
Um deine Atmung gezielt zu steuern, hilft ein grundlegendes Verständnis der beteiligten Strukturen. Stell dir deine Rumpfmitte wie eine Dose vor:
- Deckel: das Zwerchfell
- Boden: der Beckenboden
- Vorderwand: die Bauchmuskeln (vor allem der quere Bauchmuskel, Musculus transversus abdominis)
- Rückwand: die tiefen Rückenmuskeln rund um die Wirbelsäule
Wenn du einatmest, senkt sich das Zwerchfell nach unten, der Bauchraum weitet sich und der Druck verteilt sich nach allen Seiten. Beckenboden und Bauchmuskeln reagieren darauf mit einer feinen, reflektorischen Spannung. Beim Ausatmen steigt das Zwerchfell wieder nach oben, der Bauchraum wird kleiner und die Bauchmuskeln können sich gezielt anspannen.
Effizientes Core-Training nutzt genau dieses Zusammenspiel, statt dagegen zu arbeiten. Ziel ist eine funktionelle Atmung, bei der sich Brustkorb und Bauch natürlich bewegen, ohne dass die Schultern hochziehen oder der Bauch ständig „eingezogen“ wird.
Bauch- vs. Brustatmung: Was ist beim Core-Training sinnvoll?
Viele Menschen neigen zur flachen Brustatmung: Der Atem bleibt im oberen Brustkorb, der Bauch bewegt sich kaum und die Schultern ziehen leicht nach oben. Das hat mehrere Nachteile für dein Core-Training:
- geringere Aktivierung des Zwerchfells
- mehr Spannung im Nacken- und Schulterbereich
- weniger Effektivität beim Aufbau von Rumpfspannung
Deutlich sinnvoller ist eine zwerchfellbetonte (abdominale) Atmung. Dabei bewegt sich der Bauch beim Einatmen nach vorne und die Flanken weiten sich leicht. Der Brustkorb darf sich ebenfalls öffnen, aber nicht allein.
Merke dir als Grundregel: Beim Core-Training willst du eine ruhige, tiefe Atmung mit Bewegung im Bauch und seitlichen Rippen – ohne übertriebene Schulterelevation.
Grundprinzip: Atmung koordinieren statt anhalten
Gerade bei anstrengenden Core-Übungen passiert oft Folgendes: Die Luft wird angehalten, das Gesicht verkrampft, der Brustkorb „blockiert“. Kurzzeitig kann ein bewusst aufgebauter Druck (ähnlich der Valsalva-Methode) bei schweren Kraftübungen sinnvoll sein – im klassischen Core-Training mit vielen Wiederholungen und Halteübungen ist kontrolliertes Weiteratmen jedoch meist die bessere Strategie.
Ein bewährtes Grundmuster lautet:
- Einatmen in der Vorbereitungsphase oder in der eher leichten Bewegungsphase.
- Ausatmen in der anspruchsvollen Phase, in der du aktiv Spannung aufbaust.
Beim gezielten Ausatmen aktivierst du die tiefen Bauchmuskeln besser und kannst die Lendenwirbelsäule stabil halten. Wichtig ist, dass du den Atem nicht „presst“, sondern lang und kontrolliert ausbläst, ähnlich wie durch einen leicht geschürzten Mund.
Konkrete Atemmuster bei typischen Core-Übungen
Damit du das Ganze direkt umsetzen kannst, folgen nun Beispiele für sinnvolle Atemmuster bei klassischen Core-Übungen.
Plank (Unterarmstütz)
Beim Plank steht die kontinuierliche Rumpfspannung im Vordergrund. Hier geht es weniger um Ein- und Ausatemphasen, die sich klar mit der Bewegung koppeln, sondern um eine gleichmäßige, tiefe Atmung bei konstanter Körperspannung.
- Richte den Körper in eine stabile Plank-Position aus: Kopf in Verlängerung der Wirbelsäule, Bauch leicht nach innen gezogen (ohne zu „saugen“), Gesäß aktiv, Beine gestreckt.
- Atme ruhig durch die Nase ein und kontrolliert durch den Mund aus.
- Versuche, die Rippen seitlich nach außen zu weiten, statt den Bauch extrem nach vorne zu drücken.
- Bei jedem Ausatmen kannst du die Bauchspannung leicht verstärken, als wolltest du den Bauchnabel sanft Richtung Wirbelsäule ziehen.
Typischer Fehler: Den Atem anhalten, sobald es anstrengend wird. Dies führt oft zu Nackenverspannungen und einem „Durchhängen“ im unteren Rücken.
Crunches und Sit-ups
Bei dynamischen Bauchübungen ist die Koordination von Bewegung und Atem besonders wichtig, um den unteren Rücken zu schützen und die Bauchmuskeln maximal zu aktivieren.
- Ausgangsposition: Rückenlage, Füße aufgestellt, Hände locker hinter dem Kopf oder über der Brust verschränkt.
- Einatmen: In der Ausgangsposition einatmen und den Brustkorb öffnen.
- Ausatmen: Während du den Oberkörper nach oben rollst, lang ausatmen. Stell dir vor, du willst mit dem Ausatmen „Luft aus dem Bauch pressen“ – dadurch aktivierst du vor allem den queren Bauchmuskel.
- Einatmen: Beim kontrollierten Zurückrollen wieder einatmen.
Wichtig: Vermeide ruckartige Bewegungen und achte darauf, dass der untere Rücken möglichst sanft auf der Matte bleibt, anstatt ins Hohlkreuz zu fallen.
Russian Twists
Bei Rotationsübungen wie Russian Twists oder seitlichen Crunches kommt zusätzlich die schräge Bauchmuskulatur ins Spiel. Hier kann eine segmentierte Atmung helfen.
- Starte aufrecht sitzend, Oberkörper leicht nach hinten gelehnt, Füße am Boden oder angehoben.
- Atme in der Mittelposition ein.
- Drehe den Oberkörper zur Seite und atme während der Drehung aus.
- Kehre zur Mitte zurück, atme kurz ein und wiederhole die Drehung zur anderen Seite, erneut mit Ausatmung.
Das Ausatmen in der Drehbewegung stabilisiert deine Lendenwirbelsäule und verhindert, dass du ins Hohlkreuz fällst oder aus der Hüfte „wegkippst“.
Dead Bug und Bird Dog
Stabilisierungsübungen wie Dead Bug (Rückenlage, wechselseitiges Strecken von Arm und Bein) oder Bird Dog (Vierfüßlerstand, wechselseitiges Strecken) eignen sich besonders gut, um saubere Atmungsmuster zu trainieren.
- Dead Bug:
- Einatmen, wenn Arme und Beine in der Startposition (90-Grad-Winkel) sind.
- Ausatmen, während du Arm und Bein diagonal streckst. Dabei den unteren Rücken sanft in die Matte drücken.
- Beim Zurückführen wieder einatmen.
- Bird Dog:
- Einatmen in der neutralen Vierfüßlerposition.
- Ausatmen, während du Arm und Bein langsam streckst und die Rumpfspannung aufbaust.
- Einatmen beim Zurückführen in die Ausgangsposition.
In beiden Übungen hilft dir das bewusste Ausatmen, die Bauchspannung zu halten und Rotationen oder Hohlkreuz zu vermeiden.
Die Rolle des Beckenbodens beim Atmen
Der Beckenboden ist ein oft unterschätzter Teil des Core-Systems. Er arbeitet direkt mit dem Zwerchfell zusammen und beeinflusst deine Atmung und Stabilität.
- Beim Einatmen senkt sich das Zwerchfell und der Druck im Bauchraum steigt leicht. Der Beckenboden gibt dabei sanft nach.
- Beim Ausatmen zieht sich der Beckenboden reflexartig wieder zusammen und unterstützt die Aktivierung der tiefen Bauchmuskeln.
Gerade nach Schwangerschaft, bei Rückenschmerzen oder bei hoher Trainingsbelastung lohnt es sich, auf dieses Zusammenspiel zu achten. Ein bewusstes, leichtes Aktivieren des Beckenbodens beim Ausatmen („nach innen-oben ziehen“) kann die Rumpfstabilität spürbar verbessern.
Typische Atemfehler beim Core-Training
Selbst ambitionierte Trainierende machen häufig ähnliche Fehler in der Atmung. Wenn du diese Stolpersteine vermeidest, profitierst du sofort von besserer Kontrolle und mehr Kraft.
- Atem anhalten: Besonders bei den letzten Wiederholungen oder langen Haltezeiten. Lösung: Einen inneren „Takt“ setzen (z. B. 3 Sekunden ein, 3–4 Sekunden aus) und bewusst zählen.
- Brustatmung mit hochgezogenen Schultern: Erhöht Verspannungen und reduziert Zwerchfellaktivität. Lösung: In die Flanken und den Bauch atmen, Schultern bewusst locker lassen.
- Dauerhaft eingezogener Bauch: Viele halten den Bauch ständig maximal „flach“. Dadurch kann das Zwerchfell schlechter arbeiten. Lösung: Zwischen maximaler Spannung in der Belastungsphase und entspannterer Atmung in Pausen wechseln.
- Zu schnelles Atmen (Hyperventilation): Vor allem bei intensiven Sätzen. Lösung: Ausatmung bewusst verlängern und den Fokus auf ruhige Nasenatmung in den Pausen legen.
- Keine Synchronisation mit der Bewegung: Zufälliges Atmen reduziert Effizienz. Lösung: Klare Muster: Einatmen fürs Vorbereiten, Ausatmen für die „Power-Phase“.
Schritt-für-Schritt: So trainierst du deine Atemtechnik
Atemtechnik lässt sich – wie jeder andere Skill – gezielt üben. Am besten beginnst du mit einfachen Drills ohne große Belastung und überträgst sie dann auf dein reguläres Core-Training.
- 1. Zwerchfellatmung im Liegen
Lege dich auf den Rücken, stelle die Füße auf. Lege eine Hand auf den Bauch, eine auf den Brustkorb. Atme durch die Nase ein und lasse den Bauch unter deiner Hand anheben, während der Brustkorb sich nur minimal hebt. Atme langsam durch den Mund aus und spüre, wie der Bauch wieder sinkt. Übe 5–10 Atemzüge, bevor du mit dem Training beginnst. - 2. 360-Grad-Atmung
Lege die Hände an die seitlichen Rippenbögen. Atme so ein, dass sich nicht nur der Bauch, sondern auch die Flanken weiten. Ziel ist ein Gefühl, als würdest du den gesamten unteren Brustkorb in alle Richtungen ausdehnen. Beim Ausatmen ziehst du sanft den Bauchnabel zur Wirbelsäule. - 3. Atmung mit leichter Core-Spannung verbinden
Gehe in eine einfache Position, z. B. Rückenlage mit aufgestellten Füßen oder Vierfüßlerstand. Spanne den Bauch leicht an (ca. 20–30 % deiner Maximalspannung) und versuche, trotzdem ruhig und tief zu atmen. So lernst du, Atmung und Grundspannung zu kombinieren. - 4. Atemmuster in Übungen integrieren
Wähle 2–3 deiner häufigsten Core-Übungen und definiere bewusst ein Atemschema (z. B. beim Crunch: Ausatmen hoch, Einatmen runter). Halte dieses Muster für den gesamten Satz ein. Erst wenn es sich natürlich anfühlt, wechselst du zur nächsten Übung. - 5. Progression: Intensität steigern, Atmung halten
Steigere nach und nach die Schwierigkeit deiner Core-Übungen (längere Haltezeiten, mehr Wiederholungen, instabilere Unterlagen). Ziel ist, dass deine Atmung ruhig bleibt, auch wenn die Muskulatur brennt.
Wann die Valsalva-Methode sinnvoll sein kann – und wann nicht
Im Kraftsport wird häufig die Valsalva-Methode genutzt: Dabei wird beim Anheben schwerer Lasten die Luft angehalten, um den intraabdominalen Druck zu erhöhen und die Wirbelsäule maximal zu stabilisieren. Das kann bei schweren Kniebeugen oder Kreuzheben sinnvoll sein – ist aber im klassischen Core-Training mit moderaten Belastungen meist nicht notwendig.
Für die meisten Menschen gilt:
- Beim isolierten Core-Training lieber weiteratmen, als die Luft anzuhalten.
- Nur in Ausnahmefällen und bei sehr hoher Belastung kurzzeitig den Atem anhalten – und auch dann bewusst und kontrolliert.
Personen mit Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Augenproblemen (z. B. Glaukom) oder nach Operationen sollten die Valsalva-Methode generell vermeiden und auf fließende Atmung achten.
Praktische Tipps für den Alltag und das Aufwärmen
Damit deine Atemtechnik nicht nur im Core-Workout, sondern auch im Alltag und bei anderen Sportarten wirkt, lohnt es sich, sie in deine Routine einzubauen.
- Integriere Atemübungen ins Warm-up: Starte jede Core- oder Krafteinheit mit 3–5 Minuten zwerchfellbetonter Atmung im Liegen oder Sitzen.
- Achte auf deine Haltung im Alltag: Eine aufrechte, aber nicht überstreckte Haltung erleichtert die Atmung und unterstützt deinen Core auch beim Sitzen, Stehen oder Heben im Alltag.
- Nutze Atemfokus bei Stress: Langsame, bewusste Ausatmungen (z. B. 4 Sekunden ein, 6 Sekunden aus) beruhigen das Nervensystem und verbessern die Körperwahrnehmung – perfekte Vorbereitung für konzentriertes Training.
- Übertrage die Technik auf andere Sportarten: Ob Laufen, Radfahren oder Krafttraining – eine stabile Mitte durch funktionelle Atmung verbessert Leistung und Effizienz in nahezu jeder Disziplin.
Fazit: Mit richtiger Atmung das Maximum aus deinem Core-Training holen
Atemtechnik ist der unsichtbare Hebel, der aus gutem Core-Training hocheffektives Core-Training macht. Wenn du lernst, Zwerchfell, Bauchmuskeln und Beckenboden über deine Atmung gezielt anzusteuern, profitierst du von mehr Stabilität, Kraft und Kontrolle – und reduzierst gleichzeitig dein Verletzungsrisiko.
Setze bei deinem nächsten Workout bewusst einen Schwerpunkt auf die Atmung: Wähle 1–2 Übungen, definiere dein Atemmuster und bleibe konsequent dabei. Mit etwas Geduld wird die optimierte Atemtechnik zur Gewohnheit – und deine Rumpfkraft, Haltung und Leistungsfähigkeit werden es dir spürbar danken.


