Wie viel Protein brauchen Marathonläufer wirklich? Der vollständige Leitfaden
Wie viel Protein brauchen Marathonläufer wirklich? Erfahre, wie du deinen individuellen Proteinbedarf berechnest, was vor und nach dem Lauf sinnvoll ist und welche Proteinquellen sich im Alltag bewähren.

Protein ist für Marathonläufer genauso wichtig wie Kohlenhydrate – nur wird es oft unterschätzt. Während Kohlenhydrate als Haupttreibstoff für lange Distanzen gelten, entscheidet die richtige Proteinzufuhr darüber, wie schnell du regenerierst, wie stabil deine Muskulatur bleibt und wie gut du Trainingsreize in Leistungszuwachs umsetzt.
In diesem Artikel erfährst du, wie viel Protein du als Marathonläufer tatsächlich brauchst, wie du deinen individuellen Bedarf berechnest, was sich vor und nach dem Training bewährt und wie du Protein sinnvoll in deinen Alltag integrierst – inklusive praktischer Beispiele.
Warum Protein für Marathonläufer unverzichtbar ist
Wer an Ausdauersport denkt, denkt zuerst an Kohlenhydrate. Dabei spielt Protein im Hintergrund eine zentrale Rolle für Leistung, Gesundheit und Verletzungsprophylaxe. Für Marathonläufer übernimmt Protein vor allem drei Schlüsselfunktionen:
- Muskelerhalt und -reparatur: Lange Läufe und intensive Einheiten verursachen Mikroverletzungen in der Muskulatur. Protein liefert die Aminosäuren, die für die Reparatur und den Erhalt der Muskelmasse notwendig sind.
- Anpassung an Trainingsreize: Durch ausreichend Protein unterstützt du die strukturellen Anpassungen deines Körpers an das Training – stärkere Muskelfasern, belastbarere Sehnen und ein effizienterer Stoffwechsel.
- Immunsystem und Enzyme: Viele Enzyme und Abwehrzellen bestehen aus Protein. Wer zu wenig Protein zuführt, riskiert ein geschwächtes Immunsystem und eine langsamere Regeneration.
Gerade in intensiven Trainingsphasen – etwa der Vorbereitung auf einen Marathon – steigt der Bedarf, weil dein Körper permanent auf- und umbaut. Ein Mangel macht sich nicht sofort bemerkbar, zeigt sich aber häufig in Form von Müdigkeit, stagnierenden Leistungen, erhöhter Infektanfälligkeit oder Verletzungen.
Allgemeine Empfehlungen: Wie viel Protein pro Tag?
Die gängige Empfehlung für die Allgemeinbevölkerung liegt bei etwa 0,8 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Für Ausdauersportler – und damit auch Marathonläufer – ist dieser Wert zu niedrig. Durch das höhere Trainingspensum steigt der Bedarf deutlich.
Für gesunde, regelmäßig trainierende Marathonläufer gelten in der Praxis folgende Bereiche als sinnvoll:
- Leichtes Ausdauertraining (2–3 Einheiten/Woche): ca. 1,2–1,4 g Protein pro kg Körpergewicht pro Tag
- Regelmäßiges Lauftraining (3–5 Einheiten/Woche): ca. 1,4–1,6 g/kg/Tag
- Intensive Marathonvorbereitung (5+ Einheiten/Woche, lange Läufe, Intervalle): ca. 1,6–1,8 g/kg/Tag
- Krafttraining zusätzlich zum Lauftraining: eher 1,8–2,0 g/kg/Tag anpeilen
Für die meisten Marathonläufer bewegt sich der sinnvolle Bereich also zwischen etwa 1,4 und 1,8 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht und Tag. Höhere Mengen sind in der Regel nicht nötig und bringen meist keinen zusätzlichen Vorteil, solange die übrige Ernährung stimmt.
So berechnest du deinen individuellen Proteinbedarf
Die Berechnung deines Proteinbedarfs ist unkompliziert. Du brauchst lediglich dein Körpergewicht und eine realistische Einschätzung deines Trainingsumfangs.
Beispiel 1 – Freizeit-Marathonläufer:
- Körpergewicht: 70 kg
- Training: 4–5 Laufeinheiten pro Woche, gelegentlich Intervalle
- Empfohlene Spanne: 1,4–1,6 g/kg/Tag
Rechnung:
- 70 kg × 1,4 g = 98 g Protein pro Tag
- 70 kg × 1,6 g = 112 g Protein pro Tag
Der sinnvolle Bereich liegt hier also bei rund 100–110 g Protein pro Tag.
Beispiel 2 – ambitionierte Läuferin in Marathonvorbereitung:
- Körpergewicht: 60 kg
- Training: 6–7 Einheiten pro Woche, Tempoläufe, lange Läufe, Stabi
- Empfohlene Spanne: 1,6–1,8 g/kg/Tag
Rechnung:
- 60 kg × 1,6 g = 96 g Protein pro Tag
- 60 kg × 1,8 g = 108 g Protein pro Tag
Ihr sinnvoller Zielbereich liegt bei ca. 95–110 g Protein pro Tag.
Wichtig: Es geht nicht darum, jeden Grammwert millimetergenau zu treffen. Ziel ist eine konstante, ausreichend hohe Proteinzufuhr im Alltag – leicht oberhalb der Mindestempfehlung, ohne andere Nährstoffe zu verdrängen.
Proteinbedarf während verschiedener Trainingsphasen
Der Bedarf an Protein ist nicht an jedem Tag identisch. Er hängt von Trainingsumfang, -intensität und -phase ab. Für Marathonläufer lassen sich grob drei Phasen unterscheiden:
- Grundlagenphase: Fokus auf Umfang, moderate Intensität, langfristiger Aufbau
- Intensive spezifische Vorbereitung: lange Läufe, Tempoeinheiten, hohe Belastung
- Tapering und Regeneration: Belastungsreduktion vor dem Wettkampf sowie Phase nach dem Marathon
In der Grundlagenphase reicht es oft, sich im unteren bis mittleren Bereich zu bewegen (z. B. 1,4–1,6 g/kg/Tag). In der intensiven Trainingsphase sind die Belastungen höher, die Muskulatur wird stärker beansprucht. Hier ist es sinnvoll, eher 1,6–1,8 g/kg/Tag anzustreben, um die Regeneration bestmöglich zu unterstützen.
Im Tapering – also in den letzten 1–2 Wochen vor dem Marathon – bleibt der Proteinbedarf meist ähnlich wie in der intensiven Phase, während die Kohlenhydratzufuhr (Stichwort Carboloading) steigt und der Gesamtenergiebedarf leicht sinkt. Ausreichend Protein hilft, Muskelmasse zu erhalten, obwohl das Trainingsvolumen zurückgeht. Nach dem Marathon ist eine proteinbetonte Ernährung besonders wichtig, um beschädigte Strukturen zu reparieren und das Immunsystem zu stabilisieren.
Wie viel Protein pro Mahlzeit sinnvoll ist
Nicht nur die Tagesmenge zählt, sondern auch die Verteilung über den Tag. Der Körper kann pro Mahlzeit nur eine bestimmte Menge Protein effizient für Muskelaufbau und -reparatur nutzen. Für die meisten Erwachsenen liegt dieser Bereich bei etwa 20–40 g Protein pro Mahlzeit, abhängig von Körpergewicht und Trainingsstatus.
Als Marathonläufer profitierst du davon, wenn du:
- 3–5 proteinreiche Mahlzeiten über den Tag verteilst.
- Zu jeder Hauptmahlzeit eine hochwertige Proteinquelle einbaust.
- Snacks nutzt, um an besonders intensiven Tagen deine Gesamtmenge zu erreichen.
Beispielsweise kannst du bei einem Bedarf von 100 g Protein pro Tag vier Mahlzeiten mit jeweils rund 20–25 g Protein einplanen. So vermeidest du große Schwankungen und hältst deinem Körper kontinuierlich Aminosäuren zur Verfügung.
Protein vor und nach dem Lauf: Timing für Marathonläufer
Das Timing der Proteinzufuhr spielt bei Ausdauersportlern eine etwas geringere Rolle als bei Kraftsportlern, ist aber trotzdem nicht zu vernachlässigen. Besonders relevant sind die Zeiträume vor und nach dem Training.
Protein vor dem Lauf
Vor intensiven Einheiten oder langen Läufen stehen Kohlenhydrate im Vordergrund, dennoch lohnt es sich, eine moderate Portion Protein zu integrieren. So stellst du sicher, dass während der Belastung genügend Aminosäuren im Blut vorhanden sind und der Muskelabbau minimiert wird.
Gut verträgliche Kombinationen 2–3 Stunden vor dem Lauf sind zum Beispiel:
- Haferflocken mit Joghurt oder Quark und etwas Obst
- Vollkornbrot mit Hüttenkäse oder magerem Käse
- Reis mit etwas Hähnchen oder Tofu und Gemüse (in moderaten Portionsgrößen)
Vermeide sehr fett- und ballaststoffreiche, schwere Mahlzeiten kurz vor dem Lauf, da sie den Magen-Darm-Trakt belasten können.
Protein nach dem Lauf
Nach dem Training beginnt die eigentliche Regeneration. Dein Körper repariert Muskelfasern, füllt Glykogenspeicher auf und passt sich an den Trainingsreiz an. In den ersten 1–2 Stunden nach einer intensiven Einheit oder einem langen Lauf ist es daher sinnvoll, eine Kombination aus Kohlenhydraten und Protein zuzuführen.
Bewährt haben sich:
- Etwa 20–30 g Protein in den ersten 2 Stunden nach dem Training
- Kohlenhydrate aus leicht verdaulichen Quellen (z. B. Banane, Brot, Reis, Pasta)
Praktische Beispiele:
- Proteinshake mit einer Banane
- Joghurt oder Quark mit Müsli und Obst
- Vollkornbrot mit Eiern und etwas Obst dazu
Wichtiger als ein „magisches Zeitfenster“ von 30 Minuten ist, dass du insgesamt ausreichend Energie und Protein zuführst – aber ein geplanter Recovery-Snack direkt nach dem Lauf kann die Regeneration beschleunigen und Heißhunger später am Tag reduzieren.
Tierische und pflanzliche Proteinquellen für Läufer
Marathonläufer können ihren Proteinbedarf sowohl mit tierischen als auch mit pflanzlichen Lebensmitteln problemlos decken. Entscheidend sind die Qualität der Proteine und die Kombination verschiedener Quellen.
Gute tierische Proteinquellen
- Mageres Fleisch (z. B. Hähnchen, Pute, mageres Rind)
- Fisch (z. B. Lachs, Forelle, Thunfisch, Makrele)
- Eier
- Milchprodukte (Joghurt, Quark, Skyr, Käse)
Tierische Proteinquellen enthalten alle essenziellen Aminosäuren in einem für den Körper gut nutzbaren Verhältnis und liefern zusätzlich oft Calcium, Eisen, Zink und Vitamin B12. Achte bei Fleisch und Milchprodukten auf die Qualität und bevorzuge eher magere Produkte im Alltag.
Gute pflanzliche Proteinquellen
- Hülsenfrüchte (Linsen, Kichererbsen, Bohnen)
- Tofu, Tempeh, Sojajoghurt
- Seitan
- Nüsse und Samen (Mandeln, Walnüsse, Chia, Hanfsamen)
- Vollkornprodukte (Haferflocken, Quinoa, Hirse, Vollkornreis)
Pflanzliche Proteine weisen teilweise ein anderes Aminosäurenprofil auf, lassen sich jedoch durch geschickte Kombinationen sehr gut ausgleichen – etwa Hülsenfrüchte mit Getreide (z. B. Linsen mit Reis, Bohnen mit Mais, Hummus mit Vollkornbrot). Vegane Marathonläufer sollten auf eine breite Vielfalt achten und ggf. bei Bedarf (und nach Rücksprache mit Fachpersonen) mit Proteinpulvern ergänzen.
Proteinshakes und Supplements: Sinnvoll oder überbewertet?
Proteinshakes, Riegel und andere Supplements sind für viele Läufer praktisch – vor allem direkt nach dem Training oder an Tagen, an denen die Zeit knapp ist. Aber: Sie sind eine Ergänzung, kein Muss.
Vorteile von Proteinshakes für Marathonläufer:
- Schnell verfügbar: Direkt nach intensiven Einheiten unkompliziert konsumierbar.
- Gut dosierbar: Menge an Körpergewicht und Bedarf anpassbar.
- Praktisch unterwegs: Besonders bei langen Trainingstagen oder auf Reisen.
Trotzdem sollte der Großteil des Proteins aus vollwertigen Lebensmitteln stammen. Diese liefern zusätzlich Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, die deine Gesundheit und Leistungsfähigkeit unterstützen.
Wenn du dich für ein Proteinpulver entscheidest, achte auf:
- Transparente Inhaltsstoffe und wenig Zusatzstoffe.
- Eine für dich verträgliche Proteinquelle (z. B. Whey, Casein, Soja, Erbse, Reis).
- Seriöse Hersteller und geprüfte Qualität.
Supplemente ersetzen keine ausgewogene Ernährung, können aber im richtigen Kontext eine sinnvolle Ergänzung sein.
Typische Fehler bei der Proteinzufuhr von Marathonläufern
Viele Läufer konzentrieren sich in der Ernährung stark auf Kohlenhydrate und unterschätzen die Rolle von Protein. Typische Fehler sind:
- Zu wenig Protein insgesamt: Wer dauerhaft nur 0,8–1,0 g/kg/Tag zuführt, riskiert langfristig Muskelabbau und schlechtere Regeneration.
- Große Lücken über den Tag: Ein sehr proteinarmes Frühstück, ein zufälliger Snack und eine große Portion Protein am Abend sind weniger effektiv als eine gleichmäßige Verteilung.
- Protein verdrängt Kohlenhydrate: Ein Übermaß an Protein kann dazu führen, dass Kohlenhydrate zu kurz kommen – das ist für Ausdauersportler problematisch, weil die Glykogenspeicher für Trainingsqualität entscheidend sind.
- Nur auf Shakes setzen: Wer hauptsächlich auf Pulver setzt, verpasst die Vorteile vollwertiger Lebensmittel.
- Regenerationstage unterschätzen: Gerade an ruhigen Tagen braucht der Körper Protein, um Reparaturprozesse abzuschließen.
Die Lösung liegt in einer ausgewogenen Strategie: ausreichend Protein, aber nicht auf Kosten von Kohlenhydraten und gesunden Fetten.
Praktische Beispiele für einen proteinbewussten Läuferalltag
Wie kann ein Tag aussehen, an dem ein Marathonläufer mit ca. 70 kg Körpergewicht rund 100 g Protein aufnimmt, ohne sich in Details zu verlieren? Hier ein Beispiel zur Orientierung:
- Frühstück: Haferflocken mit 200 g Joghurt oder Skyr, einer Handvoll Beeren und etwas Nüssen (ca. 20–25 g Protein)
- Snack: Vollkornbrot mit Hummus oder ein gekochtes Ei und eine kleine Portion Nüsse (ca. 10–15 g Protein)
- Mittagessen: Vollkornreis mit 120 g Hähnchen oder Tofu und Gemüse (ca. 25–30 g Protein)
- Snack nach dem Lauf: Kleiner Proteinshake mit einer Banane oder Quark mit Obst (ca. 20–25 g Protein)
- Abendessen: Omelett mit 2–3 Eiern und Gemüse oder Linsensalat mit Vollkornbrot (ca. 20–25 g Protein)
Mit einer solchen Struktur erreichst du deine Zielmenge problemlos, ohne dass die Ernährung kompliziert wirkt. Passe Mengen und Lebensmittel an deinen Geschmack, deine Verträglichkeit und deine Ernährungsform (omnivor, vegetarisch, vegan) an.
Ist zu viel Protein für Marathonläufer gefährlich?
Immer wieder taucht die Sorge auf, eine proteinreiche Ernährung könne die Nieren belasten oder gesundheitsschädlich sein. Bei gesunden Menschen mit normaler Nierenfunktion gibt es bei moderaten Mengen – also im Bereich, der für Sportler empfohlen wird – keine Hinweise auf schädliche Effekte.
Für Marathonläufer gilt:
- Bereiche von 1,4–1,8 g/kg/Tag gelten bei gesunden Personen als unbedenklich.
- Eine sehr hohe Proteinzufuhr (deutlich über 2,2–2,5 g/kg/Tag) bringt in der Regel keinen Leistungsgewinn und kann langfristig zu einer unausgewogenen Ernährung führen.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, da der Proteinabbau Stoffwechselprodukte erzeugt, die über die Nieren ausgeschieden werden.
Wer bereits bekannte Nierenprobleme oder andere relevante Grunderkrankungen hat, sollte die individuell passende Proteinzufuhr mit medizinischem Fachpersonal abstimmen.
Fazit: So viel Protein brauchen Marathonläufer wirklich
Protein ist für Marathonläufer weit mehr als ein „Bodybuilder-Thema“. Es bildet die Grundlage für stabile Muskulatur, schnelle Regeneration und eine gute Anpassung an das Trainingspensum. Die meisten Läufer fahren gut mit einer täglichen Zufuhr von etwa 1,4–1,8 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht.
Wer diese Menge gleichmäßig über den Tag verteilt, sie an Trainingsphase und -umfang anpasst und überwiegend aus vollwertigen Lebensmitteln deckt, schafft die besten Voraussetzungen für einen starken, gesunden und leistungsfähigen Körper – im Training wie im Wettkampf. Protein ist dabei kein Ersatz für Kohlenhydrate, sondern der notwendige Partner an deiner Seite auf dem Weg zur nächsten Marathon-Bestzeit.


