13. Oktober 2025 min read

Wie Wälder die Artenvielfalt fördern: Geheimnisse der naturnahen Forstwirtschaft

Wälder fördern Artenvielfalt durch Strukturvielfalt, Totholz und Mischbaumarten. Entdecken Sie Maßnahmen der nachhaltigen Forstwirtschaft und wie Sie beitragen können. Tipps für mehr Biodiversität im Wald.

Wie Wälder die Artenvielfalt fördern: Geheimnisse der naturnahen Forstwirtschaft
Autor:Lukas

Die Bedeutung von Wäldern für unsere Erde

Wälder sind mehr als nur grüne Lungen unserer Planeten – sie sind pulsierende Ökosysteme, die ein unglaubliches Spektrum an Leben beherbergen. In Deutschland und Österreich, wo Wälder etwa ein Drittel der Landesfläche bedecken, dient der Wald als Hotspot der Biodiversität. Hier finden Tausende von Arten – von winzigen Insekten bis hin zu majestätischen Vögeln – ihren Lebensraum. Doch wie genau tragen Wälder zur Förderung der Artenvielfalt bei? Es geht um eine feine Balance aus Strukturen, Prozessen und menschlicher Einflussnahme, die natürliche Vielfalt schützt und mehrt.

Die Artenvielfalt, oder Biodiversität, umfasst nicht nur die Zahl der Arten, sondern auch ihre genetische Vielfalt und die Vielfalt der Ökosysteme. Wälder bieten durch ihre Schichtung – vom Boden bis zur Baumkrone – unzählige Nischen, in denen Organismen gedeihen können. Regenwürmer im Humus, Käfer im Totholz, Vögel in den Kronen: Jede Schicht trägt zu einem reichen Geflecht bei. Studien zeigen, dass Wälder in Mitteleuropa bis zu 14 Prozent aller deutschen Tierarten beherbergen, darunter 50 Prozent der Regenwürmer und 30 Prozent der Großschmetterlinge.

Strukturvielfalt: Der Schlüssel zur Artenvielfalt

Ein zentraler Faktor, wie Wälder Artenvielfalt fördern, ist die Strukturvielfalt. Horizontal und vertikal gegliederte Wälder bieten vielfältige Habitate. Vertikale Struktur bedeutet die Abfolge von Krautschicht, Strauchschicht, Baumschicht und Kronenraum, während horizontale Vielfalt durch unterschiedliche Altersstufen und Baumarten entsteht. Solche strukturreichen Wälder sind widerstandsfähiger gegen Störungen wie Stürme oder Klimaveränderungen und bieten mehr Lebensräume.

In naturnah bewirtschafteten Wäldern, wie sie in Hessen und Bayern erforscht wurden, wurden in Buchennaturwaldreservaten durchschnittlich 5.810 Tierarten nachgewiesen. Das entspricht einem beeindruckenden Reichtum: 28 Prozent der Spinnen und 21 Prozent der Käfer Deutschlands finden hier Zuflucht. Die Schaffung von Lichtschächten durch selektive Holzernte simuliert natürliche Störungen und fördert lichtliebende Pflanzen und Insekten, die sonst in dichten Beständen fehlen würden.

  • Vertikale Schichtung: Vom Moos am Boden bis zu den Nistplätzen in den Wipfeln.
  • Horizontale Mosaike: Mischung aus jungen und alten Bäumen, offenen Flächen und dichten Partien.
  • Räumliche Vernetzung: Trittsteinbiotope wie Hecken oder Gewässer verbinden isolierte Waldareale.

Diese Vielfalt macht Wälder zu resilienten Systemen, in denen Arten zusammenwirken und sich gegenseitig unterstützen.

Baumartenvielfalt: Vielfalt schafft Vielfalt

Die Wahl der Baumarten ist entscheidend für die Förderung der Artenvielfalt. Mischwälder mit standortangepassten Arten wie Buche, Eiche, Fichte oder Douglasie bieten heterogene Habitate. Jede Baumart zieht spezifische Organismen an: Die Eiche beherbergt über 1.000 Käferarten, während die Buche für spezialisierte Pilze und Vögel essenziell ist. Forschungen der Technischen Universität München zeigen, dass selbst geringe Beimischungen von Eiche oder Kiefer die Artenzusammensetzung verändern und die Vielfalt für Vögel, Wanzen und pflanzenfressende Käfer steigern.

In reinen Buchenbeständen fehlen Arten, die von Mischungen profitieren, wie räuberische Wanzen oder Fledermäuse. Umgekehrt fördern Fichten Totholzkäfer. Die Förderung von Weichlaubhölzern wie Birke oder Weide bereichert den Wald zusätzlich: Birkenkätzchen nähren Zeisige, und Weiden locken Schmetterlinge an. In Bayern wächst der Laubholzanteil auf 190.000 Hektar, was die Biodiversität weiter ankurbelt.

Standortgerechte Auswahl, etwa über Baumartenampeln, sorgt dafür, dass Bäume gesund wachsen und langfristig stabile Bestände bilden. Solche Mischungen erhöhen nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel.

Totholz und Habitatstrukturen: Unsichtbare Helden der Biodiversität

Totholz ist ein unschätzbarer Schatz für die Artenvielfalt. Etwa 30 Prozent aller Waldarten – Pflanzen, Tiere, Pilze und Bakterien – sind auf Alt- und Totholz angewiesen. In Österreich beträgt der Totholzvorrat durchschnittlich 30,9 Kubikmeter pro Hektar, doch dickes Totholz (über 35 cm Durchmesser) ist rar. Stehendes und liegendes Totholz dient als Nahrungsquelle und Versteck: 1.500 Pilzarten und 1.340 Käferarten nutzen es, darunter 10 Prozent Urwaldrelikte.

Habitatstrukturen wie Baumhöhlen, Wurzelteller, Mulmhöhlen oder Asthaufen schaffen Mikrohabitate. In Vorarlberg fördert der Erhalt solcher Strukturen Vögel, Fledermäuse und Amphibien. Totholz schützt zudem vor Erosion, speichert Wasser und trägt zur Bodenbildung bei. Die mosaikartige Verteilung – nicht flächendeckend, sondern punktuell – unterstützt Arten mit geringer Mobilität.

  • Stehendes Totholz: Brutplätze für Spechte und Fledermäuse.
  • Liegendes Totholz: Zersetzung durch Insekten und Pilze, Nährstoffrückführung.
  • Spezielle Strukturen: Mulmhöhlen in Eichen für seltene Käfer wie den Hirschkäfer.

Die Förderung von Totholzquantität und -qualität ist eine der effektivsten Maßnahmen, um Artenvielfalt zu steigern.

Nachhaltige Forstwirtschaft: Maßnahmen für mehr Vielfalt

Die naturnahe Forstwirtschaft verbindet Holzproduktion mit Biodiversitätsschutz. Im Plenterwald, typisch für Bergregionen, entstehen durch Einzelbaumentnahmen ungleichalterige Bestände, die Strukturen fördern. Maßnahmenkataloge listen 14 Ansätze auf, darunter der Schutz von Habitatbäumen, die Reduzierung von Fragmentierung und aktives Monitoring.

Naturwaldparzellen – kleine, unbewirtschaftete Reservate – ergänzen den Wirtschaftswald: Sie heben die Artenvielfalt für Vögel und Fledermäuse und beherbergen Indikatorarten der Roten Liste. In Bayern zeigen Studien, dass Mischbestände und Parzellen ein breites Spektrum abdecken: 17 Arten exklusiv in unbewirtschafteten Bereichen, 34 in bewirtschafteten.

Weitere Maßnahmen umfassen:

  • Ungleichmäßige Auflichtung zur Verjüngungsförderung.
  • Waldrandpflege für Schmetterlinge und Reptilien.
  • Prozessschutz in sensiblen Zonen.
  • Erhöhung der Baumartenvielfalt gegen Klimarisiken.

Projekte wie LÖWE in Niedersachsen oder BiCO2 in Deutschland bewerten diese Ansätze und entwickeln Monitoring-Systeme.

Beispiele und Studien: Erfolge in der Praxis

In hessischen Buchenreservaten wurden 427 Großschmetterlingsarten gezählt, 70 Prozent aller bayerischen. Der Hienheimer Forst beherbergt 60 Wanzenarten, darunter seltene auf Eichen. In Vorarlberg schützt die Waldstrategie 2030+ Trittsteinbiotope und verhindert genetische Verarmung. Das Projekt InsHabNet entdeckte Urwaldrelikte in Mecklenburg-Vorpommern durch Totholzerhalt.

Die Studie „Management von Artenvielfalt“ der TUM analysierte 66 Flächen und fand, dass Mischungen die Vielfalt für 6 von 13 Taxongruppen steigern. Solche Erfolge zeigen: Nachhaltigkeit lohnt sich.

Herausforderungen und Ausblick

Trotz Fortschritten bedrohen Klimawandel, Fragmentierung und invasive Arten die Vielfalt. Junge Wälder nach Kahlschlägen bieten weniger Habitate, und Totholzmangel gefährdet Spezialisten. Doch mit gezielten Maßnahmen – von Totholzanreicherung bis genetischer Vielfaltserhalt – können wir handeln.

Projekte wie BuTaKli testen resilientere Mischungen gegen Trockenstress, und FraxForFuture schützt resistente Eschen. Die Zukunft liegt in multifunktionalen Wäldern, die Holz liefern und Leben schützen.

Fazit: Handeln für unsere Wälder

Wälder fördern Artenvielfalt durch ihre natürliche Vielfalt und kluge Bewirtschaftung. Lassen Sie uns diese Schätze bewahren – für Generationen von Arten und Menschen. Jeder Baum, jedes Stück Totholz zählt.

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